MARSILIUS KONTROVERS
Immun gegen Stress? Resilienz als Privatsache oder Gemeinschaftsaufgabe
Hier kommen Sie zum Mitschnitt der Veranstaltung.
Interdisziplinäre Diskussion mit
- Martin Bohus, Inhaber eines Lehrstuhls für Psychosomatische Medizin an der Universität Heidelberg, Direktor des Instituts für Psychiatrische und Psychosomatische Psychotherapie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim (ZI) und Autor eines Resilienzprogramms, das eine große deutsche Krankenkasse ihren Mitgliedern anbietet.
- Peter Kirsch, (Fellow des Marsilius-Kollegs), Professor für Klinische Psychologie an der Universität Heidelberg und Leiter der Abteilung Klinische Psychologie am ZI, der sich aus neurowissenschaftlicher und psychologischer Sicht mit Stress und Resilienz beschäftigt.
- Christiane Schwieren, (Fellow des Marsilius-Kollegs), Professorin für Organisationsverhalten am Alfred Weber Institut für Wirtschaftswissenschaften der Universität Heidelberg, die zur Wechselwirkung von Stress und ökonomischen Faktoren forscht.
Abstract
Verfolgt man die gesellschaftliche Diskussion der letzten Jahre, so kann man den Eindruck gewinnen, dass die Stressbelastung des Einzelnen und, als Folge daraus, Stress-assoziierte Erkrankungen kontinuierlich zunehmen. Schüler und ihre Eltern klagen über immer mehr Stress in der Schule, und in der Arbeitswelt ist der Begriff des Burn-outs ein großes Thema geworden. Die Frage, wie mit dieser Situation am besten umgegangen werden kann, wird dabei in jüngerer Zeit immer häufiger mit dem Verweis auf die sog. Stress-Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit gegen stressreiche Lebensbedingungen, beantwortet. Unter den Selbsthilfe-Büchern findet sich inzwischen eine große Zahl an Ratgebern zur Steigerung der Stress-Resilienz und verschiedenste Anbieter haben Trainingsprogramme zur Förderung der Resilienz im Angebot. Auch Unternehmen haben ein großes Interesse an resilienten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und bieten teilweise entsprechende Programme an. Während die Steigerung der Widerstandsfähigkeit des Einzelnen zunächst als sinnvoll erscheint, kann man durchaus auch argumentieren, dass die Betonung der Resilienz zu einer Individualisierung der Verantwortung für die Bewältigung von stressreichen Arbeits- und Lebensbedingungen führt. Unternehmen, Staat und Gesellschaft werden aus der Verantwortung für eine gesundheitsförderliche Umwelt genommen, denn sie ist gar nicht mehr nötig, wenn der Einzelne resilient ist. Wer an einer Stress-assoziierten Erkrankung leidet, hätte aus dieser Sicht dann zu wenig für die eigene Resilienz getan und nicht unter zu belastenden Bedingungen gelebt oder gearbeitet.
In vielen Arbeitskontexten ist die individuelle Belastbarkeit (oder Stress-Resilienz) ein wichtiges Auswahlkriterium für Mitarbeiter – hier stellt sich die Frage, inwieweit dieses Kriterium für immer mehr Arbeitsbereiche und Industrien relevant wird. Die Forschung zum Thema hat ja auch schon einige biologische und psychologische Merkmale identifiziert, die mit einer erhöhten Stress-Resilienz einhergehen und die damit als Merkmale für die Auswahl von Mitarbeitern dienen können.
In diesem Spannungsfeld zwischen individueller Gesundheitsfürsorge, Resilienz als Selektionskriterium und gemeinschaftlicher Verantwortung für förderliche Lebens-bedingungen soll sich der interdisziplinäre Diskurs dieser Marsilius kontrovers Veranstaltung bewegen.
Donnerstag, 25. Januar 2018, 18 Uhr
Marsilius-Kolleg, Hörsaal
Im Neuenheimer Feld 130.1, 69120 Heidelberg
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In Kooperation mit der
Rhein-Neckar-Zeitung |