Rechtsfragen der Ganzgenomsequenzierung – der Ausgleich zwischen Forschungsinteresse und Patientenschutz
Zusammenfassung
Unter diesem Titel werde ich behandeln:
- die Verantwortung des Wissenschaftlers, neue Erkenntnisse zur Heilung von – auch minderjährigen – Patienten zu suchen
- die Verpflichtung des Arztes, seinen Patienten nach neuestem Stand von Wissenschaft und Technik zu behandeln, auch an der Verbesserung dieser Standards mitzuwirken
- den Schutz der persönlichen Daten des Patienten, der im Rahmen des herkömmlichen Datenschutzes nicht angemessen erfasst wird, weil die Genomsequenzierung der Forschung zur Zeit noch weniger der Behandlung des Patienten dient, die Forschungsdaten zu zukünftigem, gegenwärtig nicht vorausgesehenem Wissen führen, das Recht des Patienten auf Nichtwissen noch nicht definiert ist, das Abschirmen der Forschungsdaten gegen das Mitwissen Unberechtigter vor technische und rechtliche Probleme stellt, der Widerruf einer Einwilligung in den Forschungseingriff bei internationaler Zusammenarbeit die Befolgung des Widerrufs sehr erschwert
- die Internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit eine Lösung erforderlich macht, die den Geltungsbereich unterschiedlicher Rechtsordnungen übergreift, in den Möglichkeiten des Völkerrechts gegenwärtig aber nur unzulänglich erschlossen wird
- das herkömmliche Medizinrecht mit seinen Maßstäben für Diagnose, Aufklärung, Einwilligung, Behandlung lege artis und Dokumentation den Erfordernissen der Totalsequenzierung nicht genügt, sie ihnen teilweise sogar zuwider läuft
- das Medizinrecht im Arztgeheimnis den Arzt und seine unmittelbaren Mitarbeiter meist hinreichend schützt, der über gleiche oder mehr Forschungsdaten verfügende nichtmedizinische Forscher und deren Mitarbeiter aber ein Aussage- und Zeugnisverweigerungsrecht noch nicht haben
- die Institutionen (Universität, Fakultät, DKFZ, EMBL) deshalb den Forschern, von denen sie Forschungsleistung erwarten, die gebotene Rechtssicherheit geben müssen, damit nicht der einzelne Forscher die Risiken einer ungewissen Rechtslage persönlich – vor dem Zivil- oder dem Strafrichter – auszutragen hat. Notwendig ist eine Selbstgesetzgebung durch Satzung. Deklarationen wissenschaftlicher Gesellschaften genügen nicht.
Weitere Informationen sowie eine Biographie von Paul Kirchhof finden Sie unter http://www.embl.de/aboutus/science_society/hd_forum/upcoming/kirchhoff/index.html
Angela Michel
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Letzte Änderung:
16.10.2013