Fellow-Klasse 2011/12 Prof. Dr. Vera Nünning
Arbeitsvorhaben am Marsilius-Kolleg
Die Bedeutung von Literatur für die Ausprägung von kognitiven Fähigkeiten, Empathie und Perspektivenübernahme
Das Projekt möchte eine Brücke schlagen zwischen Literaturwissenschaft und Neurobiologie: Es geht um die Frage, inwiefern die Lektüre fiktionaler Erzählliteratur zur Entwicklung von kognitiven Fähigkeiten, Empathie und Perspektivenübernahme beitragen kann. Erzählliteratur, so die grundlegende Hypothese, bietet Leser/innen die einzigartige Möglichkeit, an konkreten Situationen nachzuvollziehen, welche Faktoren Handlungen bedingen: Intentionen, Emotionen und Bewusstseinsprozesse werden einsehbar. In dem Projekt soll überprüft werden, inwiefern literarische Strategien dazu beitragen, Prozesse der Perspektivenübernahme und der Modifikation von Persönlichkeitstheorien zu initiieren. In vier Arbeitsschritten werden folgende Ziele verfolgt: Erstens soll ein literaturwissenschaftliches Modell von Erzählverfahren erarbeitet werden, die sich besonders zur Ausprägung von 'Theory of Mind' und Empathie eignen. Zweitens sollen auf Basis dieses Modells in Literatur dargestellte Verstehensprozesse analysiert werden. Drittens soll ein empirisches Testverfahren zur Überprüfung der Hypothesen entwickelt und durchgeführt werden. Viertens sollen anhand der literarischen 'case studies' Thesen zu verschiedenen Arten von Empathie und 'Theory of Mind' überprüft und ergänzt werden. Längerfristige Anwendungsperspektiven liegen u.a. im Bereich des Unterrichts: aufgrund der Ergebnisse des Projekts können Werke ermittelt werden, die besonders zur Ausprägung von 'social cognition' beitragen.
FORSCHUNGSGEBIETE
- Narratologie (sowohl in ‚klassischer’ wie auch in ‚kulturwissenschaftlicher’ und ’kognitiver‘ Ausrichtung) und interdisziplinäre Erzählforschung
- Theorien und Konzepte der Kulturwissenschaft
- Britische Kulturgeschichte, sowie kulturwissenschaftlich orientierte Literaturwissenschaft (bes. in Bezug auf Großbritannien des 18. und 19. Jahrhunderts)
- Britischer Roman vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart
Lebenslauf
- 1987-1989 Dissertation im Fach Anglistik an der Universität Köln: Die Ästhetik Virginia Woolfs
- 1989-1999 Habilitation im Fach Geschichte: Catharine Macaulay und die politische Kultur des englischen Radikalismus, 1760-1790 (ausgezeichnet mit dem Offenbach-Heergarten Preis 1996) Assistentin im Fach Geschichte, Universität Köln
- 1996-1999 Oberassistentin in Geschichte, Köln
- 2000-2002 Professorin für Englische Literatur- und Kulturwissenschaft, TU Braunschweig
- Seit 2002 Professorin für Englische Philologie, Universität Heidelberg
- 2006 Kurzzeit-Gastprofessur, Universität Zaragoza (Spanien)
- 2009 Kurzzeit-Gastprofessur, Universität Lissabon (Catholica) Portugal
- 2010 Kurzzeit-Gastprofessur, Universität Helsinki
- 2011 Kurzzeit-Gastprofessur, Universität Bergamo
- 2011-2012 Fellow des ‘Marsilius Kolleg’
Ämter auf der Ebene der Universitätsleitung
- 2006-2009: Prorektorin für Internationale Beziehungen, Universität Heidelberg
- Seit 2009: Vizepräsidentin des deutschen Konsortiums der Deutsch-Türkischen Universität in Istanbul
- 2010-2018: Mitglied des Universitätsrats der Universität zu Köln
Ausgewählte Publikationen
Table
"Kulturwissenschaften: Eine multiperspektivische Einführung in einen interdisziplinären Diskussionszusammenhang." Konzepte der Kulturwissenschaften: Theoretische Grundlagen, Ansätze, Perspektiven. Eds. Vera Nünning und Ansgar Nünning. Stuttgart: Metzler, 2003, 3. Au. 2008. 1-18. (Koreanische Übersetzung: Seoul: EAST-ASIA, 2006. (mit Ansgar Nünning)). |
"The Making of Fictional Worlds: Processes, Features and Functions". Cultural Ways of Worldmaking. Media and Narratives. Eds. dies., Ansgar Nünning und Birgit Neumann. Berlin, New York: De Gruyter, 2010. 215-243. (sowie die grundlegende Einleitung zu dem Band) |
Die Ästhetik Virginia Woolfs. Eine Rekonstruktion ihrer Philosophischen und ästhetischen Grundanschauungen auf der Basis ihrer nichtktionalen Schriften. Frankfurt am Main [u.a.]: Lang, 1990. |
"Kulturgeschichtliche Literaturwissenschaft: Grundlagen und Möglichkeiten." Kulturgeschichte der englischen Literatur von der Renaissance bis zur Gegenwart. Ed. Vera Nünning. Tübingen: Narr, 2005. 1-11. |
"Literatur als Lebenswissen: Die Bedeutung von Literatur für menschliches Verstehen und Zusammenleben am Beispiel von Ian McEwans Enduring Love." Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft. Programm - Projekte - Perspektiven. Eds. Wolfgang Asholt und Ottmar Ette. Tübingen: Narr, 2009. 145-168. |
"Unreliable Narration and the Historical Variability of Values and Norms: The Vicar of Wakeeld as a Test-Case of a Cultural-Historical Narratology." Style 38,2 (2004): 236-52. |
"The Invention of Cultural Traditions: The Construction and Deconstruction of Englishness and Authenticity in Julian Barnes' England, England." Anglia 119.1 (2001): 58-76. |
"The Importance of Being English: European Views on Englishness." European Journal of English Studies (guest editors Vera Nünning/ Jürgen Schläger) 8.2 (2004): 145-58. |
"Die Entdeckung der Humanität als kulturgeschichtliches Phänomen: Veränderungen in Menschenbild und Selbstverständnis von Engländern im 18. Jahrhundert." Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 68.2 (1994): 214-37. |
"Erzählen und Identität: Die Bedeutung des Erzählens im Schnittfeld zwischen kulturwissenschaftlicher Narratologie und Psychologie". In: Alexandra Strohmeier (Hg.). Kultur - Wissen - Narration. Perspektiven transdisziplinärer Erzählforschung für die Kulturwissenschaften. (Begutachtung abgeschlossen, erscheint vorauss. 2011). |
KONTAKT
Prof. Dr. Vera nünning
Neuphilologische Fakultät Heidelberg
Anglistisches Seminar
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
E-Mail: vera.nuenning@as.uni-heidelberg.de