Fellow-Klasse 2009/10 Prof. Dr. Herta Flor
Arbeitsvorhaben am Marsilius-Kolleg
Umgang mit dem Thema Sterbehilfe/Euthanasie in Deutschland und den Niederlanden: Folge impliziter historischer Gedächtnisformen und Implikationen für zukünftiges Handeln
Maßgeblich aufgrund unterschiedlicher historischer Erfahrungen bestehen deutliche Unterschiede im Umgang mit den Themen Sterbehilfe/Euthanasie in Deutschland und den Niederladen. Dieses Projekt zielt auf die Analyse des gegenwärtigen Umgangs mit diesen Themen in beiden Nationen und dessen historischen, juristischen und psychologischen Determinanten und Implikationen. Dabei wird insbesondere auf implizite und explizite kollektive Gedächtnisinhalte eingegangen, welche die nationalen Geschichtsbilder reflektieren.
Die Analyse expliziter kollektiver Gedächtnisinhalte zum Thema Euthanasie erfolgt auf der Grundlage einer historischen Aufarbeitung des Themas, in dem aus der jeweiligen Geschichte resultierendes Wissen ermittelt wird. Dieses wird dann als Grundlage der Befragung einer Gruppe von repräsentativen Personen verwendet. Zur Analyse der impliziten Gedächtnisbildung werden mehrere Verfahren angewandt: Die positive oder negative Valenz wie auch die appetitive oder aversive Motivation von vielen mit dem Hauptthema assoziierten Begriffen werden mittels eines impliziten Assoziationstests erfasst. Hier werden wichtige mit dem Thema assoziierte Begriffe mit positiven oder negativen Emotionen oder appetitiven versus aversiven Motivationen assoziiert und anhand der Reaktionszeiten die emotionale und motivationale Verarbeitung der Worte bestimmt. Es wird erwartet, dass in den Niederlanden mehr positiv valente und appetitive und in Deutschland mehr negativ valente und aversive Assoziationen existieren. In einem affektiven Priming-Paradigma wird durch die Vorgabe von mit negativen und positiven oder guten und schlechten Inhalten assoziierten Worten eine Voreinstellung geschaffen, aus der sich dann durch nachfolgende Präsentation der Zielbegriffe schließen lässt, ob sie eher eine positive oder negative affektive Assoziation sowie eine eher positive oder negative Beurteilung aufweisen. Über den Vergleich der impliziten und expliziten Werte jedes Probanden wird dann überprüft welche Dissoziationen im Sinne von mangelnder Kohärenz hier auftreten. Dies wird ebenfalls neurophysiologisch mittels elektoenzephalographischer und funktionell-kernspintomographischer Messungen analysiert. Schließlich sollen Handlungsperspektiven ermittelt werden, indem die Probanden tatsächlich über einzelne Aspekte eines Gesetzesentwurfes abstimmen können um so den Bezug zu künftigen Handlungen herstellen zu können.
FORSCHUNGSGEBIETE
- Psychobiologie und Verhaltenstherapie von chronischen Schmerzen
- Rolle der kortikalen Reorganisation bei chronischen Schmerzen
- neuropsychologische Rehabilitation
- Psychophysiologie und Therapie der Posttraumatischen Belastungsreaktion
- Psychobiologie und psychologische Behandlung von Abhängigkeiten
- emotionales Lernen bei Psychopathie und Phobien, Brain Computer Interfaces
Lebenslauf
- Psychologie-Studium an der Universität Tübingen
- mehrjährige Forschungsaufenthalte an der Yale University und University of Pittsburgh, USA
- 1991-1993 Heisenberg-Stipendiatin der DFG
- 1993-1995 C3-Professorin für Klinische Psychologie und Psychosomatik, Humboldt-Universität zu Berlin
- 1995-2000 C4-Professorin für Klinische Psychologie und Verhaltensneurowissenschaft, Humboldt-Universität zu Berlin
- seit 2000 Wissenschaftliche Direktorin des Instituts für Neuropsychologie und Klinische Psychologie, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Universität Heidelberg, Mannheim
- Preise, Auszeichnungen, Ehrungen: Medtronic Preis der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (1990); Förderpreis für Schmerzforschung der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (1992); Preis für Klinische Forschung der SmithKline Beecham-Stiftung (1995), Sertürner Preis für Schmerzforschung (2000); Förderpreis für Schmerzforschung der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (2000); Max-Planck-Forschungspreis (2000); Forschungspreis Muskelschmerz (2001); Deutscher Psychologiepreis (2002); Forschungspreis der Gesellschaft für Neurotraumatologie (2003); Mitglied der Academia Europaea 2004; Landesforschungspreis für Grundlagenforschung 2004 des Landes Baden-Württemberg, Mitglied des Akademischen Senats der Universität Heidelber (2007-2010), Fellow am Marsilius-Kolleg der Universität Heidelberg (2009-2010), Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (2008), Vizepräsidentin der Neurowissenschaftlichen Gesellschaft e.V. (2009-2011)
Ausgewählte Publikationen
Table
Birbaumer, N., Ghanayim, N., Hinterberger, T., Iversen, I., Kotchoubey, B., Kübler, A., Perelmouter, J., Taub, E., & Flor, H. (1999). A spelling device for the paralyzed. Nature, 398, 297-298. |
Flor, H., Denke, C., Schäfer M., & Grüsser, S. (2001). Effects of sensory discrimination training on cortical reorganization and phantom limb pain. Lancet, 357(9286), 1763-1764. |
Flor, H., Nikolajsen, L., & Staehelin Jensen, T. S. (2006). Phantom limb pain - a case of maladaptive central nervous system plasticity? Nature Reviews Neuroscience, 7, 873-881. |
Birbaumer, N., Veit, R., Lotze, M., Erb, M., Hermann, C., Grodd, W., & Flor, H. (2005). Decient fear conditioning in psychopathy: A functional magnetic resonance imaging study. Archives of General Psychiatry, 62, 799-805. |
Lotze, M., Grodd, W., Birbaumer, N., Erb, M., Huse, E., & Flor, H. (1999). Does use of a myoelectric prosthesis reduce cortical reorganization and phantom limb pain? Nature Neuroscience, 2, 501-502. |
Mühlnickel, W., Elbert, T., Taub, E., & Flor, H. (1998). Reorganization of auditory cortex in tinnitus. Proceedings of the National Academy of Science, 95, 10340-10343. |
Wessa, M. & Flor, H. (2007). Failure of extinction of fear responses in posttraumatic stress disorder: evidence from second-order conditioning. American Journal of Psychiatry, 164, 1684-1692. |
Birbaumer, N., Lutzenberger, W., Montoya, P., Larbig, W., Unertl, K., Töpfner, S., Grodd, W., Taub, E., & Flor, H. (1997). Effects of regional anesthesia on phantom limb pain are mirrored in changes in cortical reorganization. Journal of Neuroscience, 17, 5503-5508. |
Karl, A., Birbaumer, N., Lutzenberger, W. Cohen, L., & Flor, H. (2001). Reorganization of motor and somatosensory cortex in upper extremity amputees with phantom limb pain. Journal of Neuroscience, 21, 3609-3618. |
Wessa, M., Rohleder, N., Kirschbaum, C., & Flor, H. (2006). Altered cortisol awakening response in posttraumatic stress disorder. Psychoneuroendocrinology, 31, 209-215. |
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