Fellow-Klasse 2023/24 Prof. Dr. Christiane Wiesenfeldt
Arbeitsvorhaben am Marsilius-Kolleg
Helmholtz revisited: Historische Heidelberger Hörforschung im Praxistest
Das Projekt „Helmholtz revisited: Historische Heidelberger Hörforschung im Praxistest“ bringt mit der Neurophysiologie und Musikwissenschaft zwei Disziplinen zusammen, die im 19. Jahrhundert an der Universität Heidelberg noch in einer prominenten Figur vereint waren: Hermann von Helmholtz (1821–1894). Der in Heidelberg lehrende Physiologe publizierte 1863 „Die Lehre von den Tonempfindungen“ und legte damit den Grundstein für eine moderne Hörforschung jenseits rein physikalischer, schallbezogener und rein psychologischer, empfindungsbezogener Aspekte. Er interessierte sich für die Vorgänge im Ohr, die beim Hören realer Klänge und Musik stattfinden. Auf diese Art legte er zugleich den Grundstein für die Systematische Musikwissenschaft. In dem Projekt möchten wir gemeinsam Helmholtz’ Ergebnisse in die Jetztzeit versetzen, indem wir mit den modernen Methoden der von ihm begründeten Hörforschung ein seinerzeit bahnbrechendes Ergebnis seiner Studie von 1863 neu befragen wollen: Ist es heute noch immer so, dass Menschen in älterer Musik eher Melodie-Verwandtschaften, in neuerer Musik aber eher Harmonie-Verwandtschaften hören? Oder haben wir es heute im globalen und digitalen Zeitalter mit einem neuen Hör-Verhalten zu tun? Gibt es gar ein Revival der Melodie? Neurologisches Teilprojekt: Im MEG-Labor wird die neuronale Signatur im Hörkortex und den angrenzenden Arealen zu untersucht. Dabei werden paradigmatische Musikbeispiele eingesetzt, die von der Musikwissenschaft erarbeitet werden. Die entsprechenden Gruppen von Hörerinnen und Hörern werden anhand musikwissenschaftlicher und psychometrischer Untersuchungen gebildet. Musikwissenschaftliches Teilprojekt: Der musikwissenschaftliche Projektpart „Musikalisches Hören im Zeitenwandel: 1863 und 2023“ liefert die Kontexte, Hintergründe und Fachinformationen zum historischen (1863) und aktuellen (2023) Hören und erarbeitet gemeinsam mit dem Projektpartner die mit dem MEG zu messenden Inhalte sowie den gemeinsamen Aufsatz
FORSCHUNGSGEBIETE
- Musik der Frühen Neuzeit sowie der Romantik
- vor allem Musik, Konfession und Liturgie der Frühen Neuzeit, Musikgeschichte als Rezeptionsgeschichte, musikalische Romantik- und Heimat-Konzepte sowie Phänomene wie der Werkbegriff und die Selbstreflexion in der Musik
Lebenslauf
- Promotion 2005 an der Christian-Albrechts-Universität Kiel mit einer Arbeit zur Cellosonate im 19. Jahrhundert
- Habilitation 2011 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster mit einer Arbeit zur Marienmesse im 16. Jahrhundert
- 2012 bis 2020 W3-Professorin für Musikwissenschaft an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar und der Friedrich-SchillerUniversität-Jena
- seit April 2020 W3-Professorin für Musikwissenschaft an der Universität Heidelberg
Ausgewählte Publikationen
Table
»Majestas Mariae«. Studien zu marianischen Choralordinarien des 16. Jahrhunderts (= Beihefte zum Archiv für Musikwissenschaft Bd. 70; Habilitation), Stuttgart (Steiner) 2012 (306 Seiten). |
Zwischen Beethoven und Brahms. Die Violoncello-Sonate im 19. Jahrhundert (= Kieler Schriften zur Musikwissenschaft Bd. 51; Dissertation), Kassel (Bärenreiter) 2006 (478 Seiten). |
Die Anfänge der Romantik in der Musik, Kassel und Stuttgart (Bärenreiter / Metzler) 2022 (304 Seiten). |
Musik und Reformation. Politisierung – Medialisierung – Missionierung (= Beiträge zur Geschichte der Kirchenmusik), Paderborn (Schöningh) 2019, zus. mit Stefan Menzel. |
Mendelssohn-Handbuch, Kassel und Stuttgart (Bärenreiter & Metzler) 2020. |
Heimat global. Modelle, Praxen und Medien der Heimatkonstruktion, Bielefeld (Transcript) 2019, zus. mit Edoardo Costadura und Klaus Ries. |
Musik in Bewegung – Bewegende Musik. Prozessionen als musikalisierte Rituale, in: Kirchenmusikalisches Jahrbuch 98 (2014), Paderborn 2015, S. 39−58. |
Autobiographical music, in: Handbook of Autobiography / Autofiction, hrsg. von Martina Wagner-Egelhaaf, Vol. I: Theory and Concepts of Autobiography / Autofiction, Berlin und New York (De Gruyter) 2019, S. 456–463. |
»Wohin«? Wilhelm Müllers und Franz Schuberts romantische Suchbewegung, in: Romantik erkennen - Modelle finden, hrsg. von Stefan Matuschek und Sandra Kerschbaumer, Paderborn (Schöningh) 2019, zus. mit Dirk von Petersdorff, S. 144–168. |
Johann Wolfgang von Goethe und Felix Mendelssohn Bartholdy: Eine missglückte KunstKommunikation und ihre antisemitische Lesart, in: Goethe und die Juden – Die Juden und Goethe. Beiträge zu einer Beziehungs- und Rezeptionsgeschichte (= EuropäischJüdische Studien 34), hrsg. von Anna Dorothea Ludwig und Steffen Höhne, Berlin und New York (De Gruyter) 2018, S. 33–47 |
KONTAKT
Prof. dr. Christiane wiesenfeldt
Musikwissenschaftliches Seminar
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
E-Mail: wiesenfeldt@zegk.uni-heidelberg.de