Sommersemester 2024 Brückenseminare
Fieber aus historischer und naturwissenschaftlicher Sicht
Das Seminar führt Studierende aus medizinischer, biophysikalischer und historischer Sicht an das Phänomen „Fieber“ heran – eine der evolutionär ältesten, grundlegendsten und universellsten menschlichen Krankheitserfahrungen. Ziel des Seminars ist es, fächerübergreifend über Fieber und Fieberkrankheiten wie Malaria, Gelbfieber oder Covid-19 zu lernen. Aus Sicht der Physik soll geklärt werden, was Temperatur bedeutet und welche Auswirkungen sie auf die Prozesse in unserem Körper hat; aus dem Bereich der Medizin soll geklärt werden, welche Erreger mit Fieber einhergehende Infektionskrankheiten verursachen und welche Gegenmittel im Laufe der Geschichte entwickelt wurden; und aus Sicht der Geschichtswissenschaft lernen die Studierende historische Fieberkonzepte und Krankheitserfahrungen der neueren Geschichte kennen. Insgesamt geht es darum, eine zentrale Diagnose der Neuzeit verstehen, einordnen und erforschen zu lernen.
Seminartermine:
Beginn: Mo., 15.04.2024
wöchentlich montags, 11 – 13 Uhr
Transgenerationales Trauma in historischer Perspektive
Trauma ist lange Zeit vor allem als individuelle seelische Verletzung und von der Perspektive des Opfers her verstanden worden. Erst allmählich setzen sich die Erkenntnisse durch, dass Traumata auch auf Seiten des Täter:innen entstehen und von einer Generation an die nächste weitergegeben werden können, was sich sogar auch im Erbgut nachweisen lässt. Was aber bedeutet es für eine Gesellschaft, wenn Traumata nicht nur individuell und im Einzelfall, sondern kollektiv und als geteilte Erfahrung an die nächste Generation weitergegeben werden, wie es beispielsweise nach Kriegen oder Genoziden geschehen kann? Und zwar für Opfer-, aber auch für Täter:innen-Gesellschaften, in denen das Thematisieren des Traumas auch in der Kindergeneration in völlig unterschiedlicher Weise – wenn überhaupt – möglich ist.
In diesem Seminar betrachten wir das Phänomen des transgenerationalen Traumas in einer historischen Perspektive: Lässt es sich auch in historischen Gesellschaften beobachten? Welche gesellschaftlichen Folgen hat es für die Kinder-, aber auch für die Enkelgeneration und darüber hinaus, wenn Traumata weitergegeben wurden? Wie präg(t)en sie das Selbstverständnis, die Prozesse und Handlungen dieser Gesellschaft kurz-, mittel- und langfristig? An Beispielen aus Neuzeit und Moderne erproben wir, ob, unter welchen Bedingungen und wie das psycho-biologische Konzept des transgenerationalen Traumas auch historisch anwendbar ist. Zugleich schärft diese historische Betrachtung wiederum unser Verständnis transgenerationaler Traumata in der Gegenwart, zeigt Grenzen des Konzepts auf und richtet den Blick auf die langfristigen und gesellschaftlichen Folgen.
Seminartermine:
Einführung: Fr., 17.05.2024, 11-14 Uhr
Block I: Fr., 28.06.2024, 10 - 17 Uhr
Block II: Do., 11.07.2024, 9 – 14.30 Uhr
Es wird ein annähernd ausgewogenes Verhältnis von Studierenden aus den verschiedenen Disziplinen angestrebt. Interessent:inn:en wenden sich daher bitte bis 5. Mai per Email unter Angabe ihres fachlichen Hintergrunds an thomas.meier@zaw.uni-heidelberg.de. Sie erhalten bis 10. Mai Rückmeldung, ob Ihre Teilnahme möglich ist.
Realität und Virtualität
Alte Fragen ganz neu stellen – vor diese Herausforderung stellt uns die Verbreitung der neuen „Realitäts-Technologien“, wie etwa virtuelle Realität (VR) und augmentierte Realität (AR) oder das Metaverse. In diesen neuen Medien spiegelt sich auch immer die conditio humana des menschlichen Lebens: „Realität“ erscheint uns immer zugleich einerseits als das fundamental Gegebene, nicht zu Hinterfragende – und andererseits als das technisch Veränderbare, in Geschichten, Deutungen und Weltbildern immer neu zu Konstruierende, als das aktiv Gestaltbare. Gewöhnliche, alltägliche wie auch außergewöhnliche, extreme Erfahrungen des „Wirklichen“ stehen schon immer in dieser Spannung. Die Erschaffung und Entdeckung neuer virtueller Welten stellen uns vor die Frage: In was für eine Realität tauchen wir da ein? Ist dies alles Schein und Trug, oder eine neue Form von bedeutungsvoller Wirklichkeit?
Mit diesen Fragen wollen wir uns anhand von Texten aus der Philosophie, der Theologie, der Neuro- und Ingenieurswissenschaft wie der Psychologie auseinandersetzen. Dabei werden unter anderem Texte von David Chalmers und Jaron Lanier, Thomas Metzinger und Thomas Fuchs zu Wort kommen. In einer „Hands-on“-Session werden wir auch die Gelegenheit haben, VR hautnah zu erleben und unsere Erfahrungen zu analysieren. So werden virtuelle Wirklichkeiten ein neues Licht auf das Wunder unserer Alltagswelt werfen.
Geleitet wird das Seminar von PD Dr. Frederike van Oorschot, Systematische Theologin und Leiterin des Arbeitsbereichs Religion, Recht und Kultur an der FEST Heidelberg, sowie von Dr. Kornelius Kammler-Sücker, Physiker und Neurowissenschaftler und Unitleiter des VR-Labors am ZIPP des ZI Mannheim.
Das Brückenseminar „Realität und Virtualität“ findet im Wintersemester 2024/25 statt. Die Anmeldung zum Seminar wird ab Ende August möglich sein.
Kontakt per E-Mail: kornelius.kammler-suecker@zi-mannheim.de oder frederike.vanoorschot@oek.uni-heidelberg.de
Contested Resources for a Low-Carbon Economy
The transition to a low-carbon economy requires the use of renewable (re)sources such as agricultural and forest biomass, wind and solar energy, or green hydrogen, but also minerals for storage and transmission technologies for the electrification of the energy sector. Furthermore, the extraction or cultivation of these resources, as well as the generation of renewable energies, rely on land and water resources. These resources are contested on different scales. Governing natural resources relies on a complex array of formal and informal arrangements by which decisions over natural resources are being made, how powers, responsibilities, and rights over natural resources are exerted, and how people can access and benefit from them. In this seminar, we depart from general data on current and future resource use and political strategies targeting their use (Bioeconomy strategies, EU Circular Economy, EU Critical Raw Materials Act, German Green Hydrogen Strategy, EU Forest Strategy etc.), read studies that sketch the field of contestation around these resources, and discuss challenges around the resource base of a low-carbon economy. Empirically, we focus on forest ecosystems, copper and lithium, land, and water.
Seminar dates:
Introductory session in presence: 24th of April, 2 – 4 pm
First block session: 8th of May, 9 am – 1 pm
Second block session: 15th of May, 9 am – 1 pm
Venue:
Marsilius-Kolleg, Im Neuenheimer Feld 130.1
Experimentelle Psychopathologie und Geschichte - eine (un)mögliche Brücke?
In diesem Marsilius-Brückenseminar reflektieren wir die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zwischen der experimentalen Psychopathologie und der Mittelalterlichen Geschichte. Obwohl beide Disziplinen das Ziel verfolgen, den Menschen besser zu verstehen, sind ihre Methoden doch völlig unterschiedlich: Im einen Fall werden lebende Menschen auf ihre Reaktionen und ihre physiologische Funktionsweise hin untersucht; im anderen Fall bieten Quellen aus der Vergangenheit die Möglichkeit, in für uns ferne Lebenswelten hineinzublicken. Beide Methodiken bieten aber auch Limitierungen: Wo auf der einen Seite die Möglichkeit der unmittelbaren Befragung und Beobachtung fehlt, weil die betreffenden Menschen schon seit mehr als fünfhundert Jahren verstorben sind, kann man auf der anderen Seite nicht aus den kulturellen, letztlich selbst global sehr ähnlich gelagerten Lebensbedingungen der Gegenwart ausbrechen. Damit wird es aber schwierig, anthropologische Konstanten von kulturellen und sozialen Prägungen zu unterscheiden. In diesem Seminar werden wir in die beiden Disziplinen einführen, die Geschichte der Zusammenarbeit zwischen Psychiatrie, Psychopathologie und Geschichte durch begleitende Lektüre erarbeiten und vor allem gemeinsam überlegen, wie die beiden Wissenschaften miteinander in Zukunft enger kooperieren können. Als Arbeitsaufgabe werden die Seminarteilnehmenden ein konkretes, durchführbares Setting für ein neuropsychologisches Experiment entwickeln, dass entweder durch historische Quellenarbeit inspiriert wurde oder ein vertieftes Verständnis historischer Quellen ermöglicht.
Seminartermine:
Erste Sitzung: Fr., 26.4.2024, 9.00 - 18.00 Uhr
Zweite Sitzung: Do., 27.06.2024, 9.00 - 18.00 Uhr und Fr., 28.6. 2024, 9.00 - 18.00 Uhr
Veranstaltungsort:
Marsilius-Kolleg, Im Neuenheimer Feld 130.1
Umgang mit Unbeherrschbarkeit. Anthropologie und Ökologie in interdisziplinären Perspektiven (Exkursion)
Menschliches Leben ist immer wieder mit Ereignissen und Entwicklungen konfrontiert, die die eigene Handlungsfähigkeit weit übersteigen. So zeigt sich, insbesondere nach dem Passieren bestimmter „Kipppunkte“, der Klimawandel und seine Folgen in Form des Gletscherrückgangs oder die aus dem Rückgang des Permafrostes resultierenden Bergstürze und Steinschläge als unbeherrschbar. Schwere Krankheiten verdeutlichen auf individueller Ebene die Begrenztheit therapeutischen Handelns, auch in der modernen Medizin. Begriffe wie „Krise“ oder „Notfall“, „Risiko“ oder „Ausnahmezustand“, „Katastrophe“ und „Apokalypse“, aber auch „Adaption“, „Coping“ und „Resilienz“ weisen auf Formen und Verhaltensweisen, Unbeherrschbarkeit zu deuten und mit ihr umzugehen. Solche Formen, die sich in vielen Feldern wiederfinden, werden im Seminar aus der Perspektive der Medizin, der Geographie und der Ethik beleuchtet. Das Seminar findet in einem alpinen Hochgebirgstal statt. Dementsprechend sind Trittsicherheit, Kondition und Ausrüstung (Schuhwerk, warme, wasserfeste Kleidung) für alpinistisch und konditionell mäßig anspruchsvolle Wege erforderlich.
Seminartermine:
Vorbesprechung: Do., 18.04.2024, 17-19 Uhr; Südasien-Institut (SAI), Voßstraße 2, Hörsaal, 010.01.05
Blockseminar: Fr., 14. bis Di., 18.06.2024, Burgerhaus Blatten, Platz 13, CH-3919 Blatten
Scientific and Ethical Dimensions of Animal Research
Animal research is a sensitive topic. Proponents view the experiments as necessary or at least suitable to improve and protect the lives of countless people (and animals). Opponents see them as an immoral or unnecessary violation of the rights and/or interests of sentient beings. Different personal experiences and levels of knowledge, cultural preconceptions and fundamental beliefs influence how people judge animal research, which could be the subject of exciting debate. Unfortunately, however, both public and academic debates tend to be heated and confrontational, hindering mutual understanding.
This block seminar sheds light on the ethical and scientific dimensions of animal research and provides insights into laboratory animal husbandry at Heidelberg University. A visit to the Interfaculty Biomedical Facility is part of the course.
The seminar is aimed at students from all disciplines and faculties. The prerequisite for participation is a commitment to a constructive and respectful discussion of divergent positions and judgments, as well as the willingness to critically reflect on one's own convictions. From students, who (will one day) carry out experiments on animals themselves, to those, who are ethically uncomfortable with the very idea of such experiments - all are welcome as discussion partners.
Proof of performance can be provided in the form of an essay or term paper. Depending on the student, the responsible examination office decides on the recognition of ECTS credits.
Seminar dates:
17 May 2024, 1pm – 8 pm and 18 May 2024, 10am - 4 pm
Venue:
Marsilius-Kolleg, Im Neuenheimer Feld 130.1
Anmeldung zum Brückenseminar per E-Mail: schuetz@mk.uni-heidelberg.de