Arbeitsvorhaben PD Dr. phil. Magnus Schlette
Anthropologie der Wahrnehmung
Die menschliche Sinneswahrnehmung ist von zentraler Bedeutung für die anthropologische Forschung, weil in ihr Körper und Geist als Relata einer triadischen Austauschbeziehung des Organismus mit seiner Umwelt eine Einheit bilden. Durch eine komplexe Verschränkung von Propriozeption und Exterozeption realisiert sich in der Sinneswahrnehmung der ,,threefold cord" (Hilary Putnam) von Körper/Leib, Geist und Welt. Die Sinneswahrnehmung ist nicht nur die grundlegende Bedingung dafür, dass der Mensch sich zu der Welt in Beziehung setzen kann, sondern die Wahrnehmung bezeugt dem Menschen darüber hinaus in genuiner Weise sein In-der-Welt-sein. Zu den Aufgaben einer Anthropologie der Wahrnehmung gehört es daher zu verstehen, wie der Mensch der intrinsischen Wechselbezüglichkeit von Körper/Leib, Geist und Welt in der Wahrnehmung gewahr sein kann, mit anderen Worten: was es heißt, durch die Wahrnehmung zu einem Grundverständnis menschlichen In-der-Welt-Seins zu kommen. Eine überzeugende Antwort auf diese Frage wird auf dem Weg der Einrichtung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft gesucht, die Vertreter der Lebens-, Geistes- und Kulturwissenschaften zusammenbringt, um gemeinsam an dem interdisziplinären Projekt einer Anthropologie der Wahrnehmung zu arbeiten, die formalanthropologische und historisch-anthropologische Ansätze miteinander verbindet.